US-Kommando neuen Typs für Europa in Deutschland aufgestellt

Das Wappen des 56th Artillery Command in Mainz-Kastel – Foto: US-Army Europe Africa / Medienfreigabe

Die US-Landstreitkräfte für Europa und Afrika haben ein neues Kommando in Deutschland aktiviert –  das 56th Artillery Command in Mainz-Kastel; geführt von Generalmajor Stehpen Maranian. Im Konfliktfall in Europa, beispielsweise mit Russland, würde es als Theater Fire Command (TFC) für die operativen Führungskommandos die weit reichende Artillerie und Raketen planen und koordinieren; gerade auch mit der Einbindung entsprechender Fähigkeiten von NATO-Partnerarmeen wie der Bundeswehr. Die Theater Fire Commands sind ein Kommando neuen Typs in den US-Streitkräften – als Teil des kommenden „Multi-Domain“ Kampfkonzept der US-Armee für die 2030er-Jahre. Dieses zielt darauf ab, gegen gleichwertige Kontrahenten wie Russland und China die Oberhand zu erlangen. Aufklärung und Waffensysteme aller Ebenen von Land bis Cyber sollen umfassend verbunden geführt werden und damit schneller und überlegener als der Gegner Wirkung erzielen. Dazu soll auch Künstliche Intelligenz die TFCs befähigen.

Neues Kommando nach Ende INF-Abrüstungsvertrag

Das 56th Artillery Command steht laut der US-Army in der Tradition ihres 56. Feld-Artillerie-Kommandos, das von 1986 bis 1991 das Pershing-Raketen-Hauptquartier führte. Dieses Kommando wurde damals aufgelöst, als es zum INF-Vertrag zwischen den USA und der UdSSR kam. Dieser sah eine Abschaffung nuklear bestückbarer landgestützter Mittelstreckenraketen (500 – 5500 Kilometer Reichweite) vor. Doch die USA haben den INF-Vertrag unter der Präsidentschaft Donald Trumps 2019 gekündigt. Der Vorwurf, dem sich die NATO-Partner anschlossen: Russland habe neue Raketentechnologie entwickelt und über den Marschflugkörper Novator 9M729 eingeführt, welche angeblich die INF-Vertragsbedingungen unterläuft. Allerdings ist auch bekannt, dass sich die USA über den INF-Vertrag in ihrer Rüstung gegen China eingeschränkt sahen. In dessen Militärkonzeption der „aktiven Verteidigung“ spielen Mittelstreckenraketen eine bedeutende Rolle, um die Oberhand eigenem Vorfeld, dem Westpazifik gegen die USA zu erlangen. Für den Indopazifik mit seinen immensen Weiten gelten Raketen und Marschflugkörper als besonders entscheidende militärische Fähigkeiten.

Kommando für neue Multi-Domain-Taskforces

Für den Indopazifik stellte die US-Armee 2019 somit ihre erste Multi-Domain-Taskforce (MDTF) auf. Diese Einsatzgruppen sollen das Multi-Domain-Kampfkonzept abbilden. Zur Grundaufstellung einer MDTF gehören unter anderem Raketenwerfer-, Flugabwehr- und Einheiten mit Raketen/Marschflugkörpern (siehe folgende Grafik). Die Koordinierung dieser Taskforces sollen wiederum die Theater Fire Commands leisten. Das US-Heer plant fünf MDTFs. Zwei für den Indopazifik, eine für Europa, eine in der Arktis sowie eine für weltweite Interventionseinsätze. Als zweite MDTF wurde jene für Europa im September dieses Jahres aufgestellt und hat mit dem TFC 56th Artillery Command nun ein Planungselement.

Grundkonfiguration einer MDTF. Jene kann je nach Schauplatz variieren – Foto: US-Army / Medienfreigabe

US-Teilstreitkräfte ringen um Ressourcen

Begleitet wird dieser Strukturaufbau von einem schwelenden Streit zwischen den US-Teilstreitkräften um die Haushaltsressourcen für die kommenden Raketen und Marschflugkörper dazu. US Air Force und Navy liegen hier mit eigenen Projekten in Führung. Von dort kommt Kritik an Mittelvergeudung zu den „Long Range Fires“ Programmen der US-Army. Deren wichtigste Vorhaben: Eine Präzisionsartillerie für 70 Kilometer plus. Die Precision Strike Missile – ein Lenkflugkörper für 60 bis 500 Kilometer plus. Ein Rohrgeschütz für 1000 Kilometer sowie ein Hyperschallflugkörper für 2000 Kilometer und weiter.