
Ein französischer und ein polnischer Soldat bei der diesjährigen Cyber-Übung „Locked Shields“ der NATO. Beide Armeen bildeten dort ein Team. Foto: Wojska Obrony Cyberprzestrzeni
Polen und Frankreich haben mit dem „Vertrag von Nancy“ ein Freundschafts- und Kooperationsabkommen geschlossen, das auch militärische Aspekte umfasst – hier die Übersetzung des Vertrtragstextes via DeepL ins Deutsche. In der Folge prägnante Punkte aus meiner Sicht. Das Vertragswerk steht ganz unter dem Eindruck des russischen Invasionskrieges gegen die Ukraine. Die Präambel verknüpft den historischen „gemeinsamen Kampf gegen totalitäre Regime“ mit dem heutigen Angriffsskrieg Russlands zur Grundlage einer verstärkten Zusammenarbeit.
Keine „strategische Autonomie“ Europas
In Artikel 2 zur Europäischen Union ist von Frankreichs „strategischer Autonomie“ der Europäer, die es anzustreben gilt, keine Rede. Dagegen heißt es, „insbesondere soll die europäische Säule der NATO gestärkt werden“. Somit wird die US-amerikanische Säule anerkannt; die EU-Europäer sollen sich nicht eigenständig aufstellen, sondern lediglich ihren Beitrag zur Militärallianz aufwerten. Im EU-Teil des „Vertrags von Nancy“ wird das „Weimarer Dreieck“ aus Frankreich, Deutschland und Polen keine herausragende Stellung zugewiesen. Es heißt lediglich, dass es „auch der Abstimmung“ dient.
Offenheit zur nuklearen Abschreckung Frankreichs für Polen
Der Artikel 4 zur Sicherheit und Verteidigung betont gleich zu Beginn die Rolle der USA für die europäische Verteidigung – „erkennt die strategische Rolle der transatlantischen Beziehungen für die Sicherheitsarchitektur an.“ In Absatz 2 sichern sich Polen und Frankreich Beistand im Falle eines bewaffneten Angriffs zu – „auch mit militärischen Mitteln“. Laut Medienberichterstattung zur Vertragsunterzeichnung strich Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron bei der Vertragsunterzeichnung heraus, dass Frankreichs Atomwaffen davon nicht ausgeschlossen seien. Polens politische Führungsspitzen wie Präsident Andrezy Duda hatten sich in jüngster Zeit offen dafür gezeigt, Frankreichs nukleare Abschreckung auf Polen auszuweiten. Im Vertrag erwähnt werden Nuklearwaffen nicht. Allerdings vereinbaren beiden Staaten in Artikel 9 eine enge Zusammenarbeit beim Ausbau der Kernenergie.
Zaghafes Abrücken Polens von US-Rüstung
Im Bereich Rüstung wird erklärt, die polnisch-französische Zusammenarbeit vertiefen zu wollen. Schwerpunkt soll die gemeinsame Forschung und Entwicklung bei Dual-Use-Technologien sein sowie die Nutzung des Weltraums. Letzteres ist ein Bereich der polnischen Rüstungsagenda, der noch unterenwickelt ist. Dazu kommen noch die üblichen Postulate, beide Länder würden nach einer besseren Gestaltung der europäischen Rüstung streben. Bemerkenswert ist Absatz 9. Dort steht: „Die Vertragsparteien fördern die schrittweise Einführung einer europäischen Präferenz bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern.“ Das wird allerdings durch die Folgeformulierung abgeschwächt, in der es heißt, „Die Umsetzung muss mit der Entwicklung der nationalen Verteidigungsbeschaffungsprogramme vereinbar sein.“ Das ist ein zaghaftes Abrücken Polens von seiner US-Fokussierung bei der Rüstung. Bis dato machen US-Waffen mit fast 40 Prozent den Löwenanteil der polnischen Beschaffungen aus. Siehe hierzu eine aktuelle Übersicht von Fachjournalist Tomasz Dmitruk auf X: